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Die freie und offene Büro-Software
Verfügbar: Apache OpenOffice 4.1.15

Nachgefragt bei

Andre Schnabel, Leiter des deutschen OpenOffice.org-Projekts

  • Was halten Sie für die wichtigsten Neuerungen in der aktuellen Version?
    Für mich ganz klar der PDF-Export, der aus einem beliebigen OpenOffice.org Dokument mit nur einem Klick eine PDF-Datei erzeugt. Damit hat jeder die Möglichkeit, fertige Dokumente weiterzugeben, ohne dass der Empfänger Angst vor Makroviren oder ähnlichen aktiven Inhalten haben muss.

  • Die Version 1.1 verspricht verbesserte Import- und Export-Filter. Was hat sich verändert?
    Zum einen hat sich die Anzahl der verfügbaren Filter vergrößert. So sind DocBook, verschiedene PDA-Formate, konfigurierbare XML-Filter sowie der erwähnte PDF-Export und Makromedia Flash Export für Präsentationen hinzugekommen. Zum anderen wurden bestehende Filter überarbeitet und verbessert. Die wichtigsten Filter sind natürlich die für Microsoft Office Formate. Beim Word Import wurde z.B. die Positionierung von Textrahmen und Grafiken verbessert, Calc übernimmt Diagramme aus Excel mit mehr Details, Impress kann mehr Effekte aus Powerpoint Präsentationen wiedergeben, als in Version 1.0.

  • Welche Funktionen sind beim Datenaustausch weiterhin problematisch?
    Dokumente mit sehr komplexen Layouts, bei denen es auf exakte Positionierung ankommt sind weiterhin problematisch, oft aber mit wenigen Handgriffen zu korrigieren. Einige Beschränkungen beim Datenimport können allerdings nicht allein durch Verbesserung der Dateifilter gelöst werden. So ist eine Calc Tabelle momentan noch auf 32.000 Zeilen beschränkt, das Tabellenmodell im Writer ist weniger komplex als das von Word, Impress kennt nicht alle Effekte von Powerpoint. Diese Themen werden aber für die Version 2.0 angegangen. Was auch in Zukunft kaum zu lösen ist, ist der automatische Import von VBA-Makros. Hier sind die Konzepte von VBA und OOo-Basic und die dahinterliegenden Konzepte zu verschieden.

  • Wie kann man an der Verbesserung der Filter mitwirken? Sollen Beispieldokumente eingesendet werden?
    Beispieldokumente können und sollen eingesendet werden. Wichtig dabei ist, dass im Dokument möglichst genau ein Importproblem ersichtlich ist. Der einfachste Weg ist, auf unserer User-Liste nachzufragen, ob ein konkretes Problem bereits bekannt ist. Hier findet man auch schnell Antwort, wie es zu umgehen ist, oder wo man seine Beispiele einsenden kann.

  • Was geschieht mit eingesendeten Bug-Reports?
    Fehler auch Verbesserungsvorschläge für OpenOffice.org kann man online über "Issuezilla" an die Entwickler melden. Da Issuezilla für den Endanwender aber nicht gerade einfach zu bedienen ist (zumindest beim ersten Mal) und die Einträge nicht immer perfekt sind, werden sie im ersten Schritt von Mitgliedern des QA-Projektes aufgenommen. Diese fragen nach, wenn wichtige Informationen fehlen, erklären ggf., wie man Beispieldateien anhängen kann, prüfen, ob der Fehler nicht bereits bekannt ist und geben die Meldung letztendlich an einen zuständigen Entwickler weiter. Dieser Entwickler (oder ein Entwickler aus dem gleichen Team) greift die Fehlermeldung dann auf, schätzt die mögliche Lösung ab und behebt den Fehler. Da dieser Prozess nicht trivial ist, hilft es sehr, wenn die Fehlerbeschreibung möglichst treffend ist. Freiwillige auf den Mailinglisten oder aus dem QA-Projekt helfen aber dabei, diese zu formulieren.

  • Gibt es Unterschiede zwischen der Linux-Variante und der Windows-Version?
    Wenige, die für den Endanwender wirklich relevant und spürbar sind. Die Dialoge für die Dateiauswahl sehen unter Linux z.B. anders aus und einige Windows-spezifische Funktionen wie das Einbetten von OLE-Objekten steht nicht zur Verfügung. Abgesehen davon sind Oberfläche, Bedienung und Dateiformate nahezu identisch.

  • Es gab in eine Reihe von Funktionen, die Benutzer des StarOffice 5.2 sehr geschätzt haben, wie die Groupware Funktionen oder Serien-Emails. Wird es das in OOo wieder geben?
    Ja. Es wird intensiv an einer Groupware Lösung gearbeitet. Im vergangen Jahr wurde dafür ein eigenes Projekt etabliert. Die Planung sieht vor, dass OpenOffice.org einen eigenständigen Groupware Client (Glow) erhält, der auf verschiedene etablierte Groupware Server (z.B OpenGroupware.org oder PHPGroupware) zugreifen kann. Erst kürzlich wurde die Version 0.2 von Glow vorgestellt, mit einer stabilen Version ist Mitte nächsten Jahres zu rechnen.

  • Wie sieht prinzipiell die Roadmap für die Weiterentwicklung von OOo aus und wie kann man eigene Anregungen geben?
    OpenOffice.org 2.0 soll in ca. 18 Monaten verfügbar sein, erste Entwicklerversionen stehen schon jetzt zum Download bereit. Das Konzept für OpenOffice.org 2.0 wurde unter der Bezeichnung "Q Concept" im August vorgestellt und in der Community diskutiert. Das bedeutet aber keineswegs, dass nur dort beschriebene Neuerungen in OpenOffice.org einfließen werden. Weitere Vorschläge können über die Mailinglisten diskutiert werden. Man sollte sich aber darauf einrichten, die Diskussion in Englisch zu führen, da Entwickler und Anwender über die ganze Welt verteilt sind. Die besten Chancen, in die nächste Version einzufließen haben natürlich die Neuerungen, bei deren Entwicklung man selbst mithilft.

  • Wie beurteilen Sie die Meldung, dass Microsoft die XML-basierenden Dateiformate seiner aktuellen Bürosuite Office 2003 kostenlos lizenzieren will?
    Es ist mit Sicherheit ein Schritt in die richtige Richtung, nämlich dem Anwender die Möglichkeit zu geben, seine Daten auch unabhängig von einer speziellen Software benutzen zu können. Dass dies ohne zusätzliche Lizenzgebühren möglich sein soll, kann nur positiv für die Anwender sein. Allerdings gibt es einige Einschränkungen, die diesen positiven Effekt aufheben könnten. So ist nur das Kopieren, Anzeigen und Weitergeben der Spezifikation lizenzkostenfrei zulässig. Um mithilfe der Spezifikationen Dokumente im- oder exportieren zu können, verweist Microsoft auf eine zweite, die sogenannte "patent license", für die durchaus Lizenzkosten anfallen könnten. Außerdem sollte man nicht vergessen, dass XML keineswegs das Standardformat für Microsoft Office Dateien ist. Der Großteil der Microsoft Office Benutzer wird seine Dateien weiterhin im proprietären Standard Format ablegen und ist damit an Microsoft Office oder den Umweg über Importfilter gebunden. OpenOffice.org benutzt in allen Applikationen XML als Dateiformat. Die entsprechende XML Spezifikation ist bereits seit 3 Jahren frei verfügbar und bildet die Diskussionsgrundlage für das Open Office File format. Diese Spezifikation wird zur Zeit unter dem Dach der OASIS zwischen Vertretern von Corel, Boeing, 1dok.org, SUN, den "National Archives of Australia" und anderen diskutiert.



Dieses Interview ist in der LiNUX INTERN 1/2004 (bis auf winzige Korrekturen) erschienen.

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